Manchmal genügt es nicht, einfach von „Rot“ zu sprechen, wenn wir die Farbe von etwas beschreiben wollen. Unser Farbensehen ist sehr fein ausgeprägt. Wir können spielend innerhalb eines Farbtons etliche weitere Farbtöne benennen. Wir wollen bei Beschreibungen gerne präzise sein, ein vollkommenes Bild mit den Mitteln der Sprache und Vorstellungskraft erzeugen; auch wenn es um die Farbe geht. Ein bewährtes Hilfsmittel hierfür ist die Bezugnahme auf bekannte Objekte mit bestimmter Farbe, z.B. auf Früchte und Blüten. Speziell die Mode- und Werbebranche hat Farbtöne wie Apricot, Curry, Senf und Brombeere für sich „erfunden“.
Es gibt zahlreiche Entlehnungen aus der Botanik. Dies ist aber nicht immer sofort ersichtlich, da häufig Begriffe aus anderen Sprachen übernommen wurden und/oder eine längere sprachliche Entwicklung hinter sich haben. Der Begriff „lila“ für eine helle rötlich-blaue Mischfarbe stammt vom arabischen Wort „Lilak“ (Flieder), das später im Französischen zu „Lilas“ (immer noch Flieder) wurde und ins Deutsche als „Lila“ (eine Farbe) übernommen wurde. Vorher wurden lilafarbene Dinge je nach vorherrschendem Farbeindruck einfach Blau oder Rot zugeordnet. Ein alternativer Begriff für das bläulich-rote Magenta ist Fuchsia, gewonnen aus dem 1858 entwickelten Anilinfarbstoff Fuchsin. Benannt ist er nach der Gattung Fuchsia, deren blauroten Blüten eine in der Natur vorkommende Entsprechung dieser Farbe ist. Die Bezeichnung für die ebenfalls intensiv blaurote Farbe Pink ist das englische Wort für Nelke. Wobei das mittelenglische Wort „pinken“ „zerschlitzen“ bedeutet und sich damit auf die zerschlitzten Blütenblätter der Nelken bezieht. Der Farbname Violett ist dem französischen Begriff für Veilchen (violette, lat. Gattungsname Viola) entlehnt. Goethe und der Chemiker Wilhelm Ostwald hatten sich an einem deutschen Begriff für einen Rotblau-Ton versucht und wollten das ebenfalls vom Veilchen abgeleitete Wort „Veil“ etablieren, jedoch ohne Erfolg. Für den rotgelben bzw. gelbroten Mischfarbton gab es bis zum Bekanntwerden der Orangenfrucht lediglich die wenig verwendete Bezeichnung „Kreß“, der sich von der Kapuzinerkresse ableitete. Heute könnte mit diesem Begriff wohl niemand etwas anfangen, wir kennen nur noch das französische und daher auch französisch ausgesprochene Wort Orange, das nach ebendieser Zitrusfrucht benannt wurde. Die Übernahme dieses Begriffs war natürlich erst möglich mit der Verbreitung der Frucht, und dadurch, dass die Frucht farblich konstant, die Farbe für diese Frucht also charakteristisch ist. Das bereits erwähnte Apricot (engl. Aprikose) ist ein Orangeton mit hohem Weiß-Anteil.
Aber nicht erst die Mode- und Werbebranche bemühte sich um präzise Farbbezeichnungen. Besonders kreative und teils poetische Beschreibungen gibt es sowohl in der (vorzugsweise älteren) wissenschaftlichen als auch der „schönen Literatur“ zu entdecken. Oft sind diese Wortschöpfungen in blumigen Texten eingebettet, so dass es sich lohnt, entsprechende Passagen ganz zu zitieren. Unten folgt deshalb eine umfangreiche Zitatesammlung aus belletristischen Werken aus allen Zeiten, denn auch hier ist – wie in der Wissenschaft – ein besonderes Bemühen um den präzisen Ausdruck erkennbar (bis zu den „kühnen Metaphern“ der Lyrik). Nach meinem Empfinden zeichnen sich ältere Texte (also gerade aus Zeiten, in denen Farbabbildungen noch nicht üblich waren) durch eine ganz eigene Präzision der Sprache aus.
Die unten folgende Sammlung beschränkt sich auf Farbbezeichnungen mit Bezug zur Botanik. Weitere Farbbezeichnungen habe ich in einer zweiten Liste gesammelt.
Ich danke Sin Leqe-Unnini für die umfangreiche Zitatesammlung.
Die Liste soll laufend ergänzt werden.